Ist der Einstieg ins Berufsleben gemeistert, stellt sich oftmals die Frage: Wie lassen sich Familie, Freizeit und Job vereinbaren? Wer macht was im Haushalt? Wer kümmert sich wie um den Nachwuchs? Wie lassen sich Aufgaben gerecht aufteilen?
Häufig müssen Paare das neue Lebensmodell nicht nur in der Beziehung verhandeln, sondern auch auch im beruflichen Alltag verteidigen. Ganz schön schwierig, wenn sie nicht sicher wissen, welche Rechte sie als Arbeitnehmer_innen haben.
Hier bekommst du Tipps und Tricks, wie du privat und beruflich alles unter einen Hut bringen kannst. Mehr zu unseren Expertinnen erfährst du weiter unten auf dieser Seite.
Hier kannst du alle Fragen, die im Feminar gestellt wurden und die dazugehörigen Antworten unserer Expertinnen Stefanie Lohaus und Micha Klapp nachlesen. Außerdem findest du weitere Links und Lesetipps zum Thema.
Schon als wir uns kennengelernt haben wussten wir, dass wir in einer gleichberechtigten Partnerschaft leben und auch Kinder haben möchten. Wir haben im Bekanntenkreis beobachtet, dass sich diese Gleichberechtigung in der Partnerschaft häufig verändert, sobald man ein Kind bekommt. Weil wir auch mit Kind weiterhin gleichberechtigt leben wollten, haben wir nach Anregungen und Literatur gesucht, sind aber nicht fündig geworden. Es gibt noch ein Buch, aus dem Amerikanischen übersetzt, „Wirklich gemeinsam Eltern sein“ (von Amy und Marc Vachon), aber das war uns zu „amerikanisch“ geschrieben. Wir wollten etwas lesen, was neben den positiven auch die negativen Aspekte des Elternseins benennt. Daraufhin haben wir entschieden, dass wir dieses Buch selber schreiben.
Das Buch „Papa kann auch stillen“ gibts es online zu kaufen: http://stefanielohaus.de/5050-prinzip.
Übrigens: Das Buch beruht auf einer Kolumne (http://www.zeit.de/serie/das-prinzip-50-50), die Stefanie für ZEIT ONLINE geschrieben hat.
Der Zweite Gleichstellungsbericht der Bundesregierung nennt vier Modelle der familiären Arbeitsteilung (siehe Grafik): das „Familienernährermodell, das „Zuverdienstmodell“, das „Universelle Erwerbstätigenmodell“ und das „Erwerbs- und Sorgemodell“. Stefanie hat sie im Webinar vorgestellt. Zur Erläuterung der Grafik: Jeder Balken stellt eine Person in der Familie dar, z.B. links der Mann, in der Mitte die Frau und der rechte (rosa) Balken ist die Betreuung außerhalb der Eltern, also von Verwandten oder in Kindertagesstätten. Der blaue Teil steht für die Erwerbs- oder Lohnarbeit, der rote Teil für die private Haus- und Sorgearbeit.
Quelle: Zweiter Gleichstellungsbericht (www.gleichstellungsbericht.de)
Das sogenannte „Familienernährermodell“, ist sozusagen das Familienmodell, das traditionell mit dem Grundgesetz erdacht wurde. Viele Gesetze – wie das in dem der Ehemann bestimmen durfte, ob seine Ehefrau einer Erwerbsarbeit nachgehen darf oder nicht – wurden mittlerweile durch den Einsatz feministischer Aktivist_innen geändert. Im „Familienernährermodell“ arbeitet eine Person (häufig der Mann) in Vollzeit und die zweite Person (häufig die Frau) ist für die unbezahlte Haus- und Sorgearbeit zuständig. Dieses Modell wird immer noch von ca. einem Viertel aller Familien so gelebt, in der Tendenz abnehmend. Eine solche Arbeitsteilung hat zur Konsequenz, dass Frauen, die in Vollzeit für die private Haus- und Sorgearbeit zuständig sind, ihre Karriere nicht vorantreiben können, der berufliche Wiedereinstieg nach einer Unterbrechung erschwert wird und sie einem hohen Armutsrisiko ausgesetzt sind. Für den Mann als Familienernährer bedeutet es großen Druck, da der Verlust seines Jobs schwerwiegende Folgen für die Familie hätte. Der Vorteil ist, dass die Kinder jederzeit betreut werden, was vor allem in Regionen mit unzureichenden Kinderbetreuungsplätzen wichtig ist.
Derzeit in Deutschland vorherrschend ist das „Zuverdienstmodell“, ca. 60% aller Paare leben in dieser Konstellation. Eine Person (meistens die Frau) arbeitet in Teilzeit, während die andere Person (meistens der Mann) der Familienernährer ist und in Vollzeit arbeitet. Dieses Modell führt schnell zu einer Benachteiligung von Frauen im Beruf, da diese oft in einer Teilzeitbeschäftigung bleiben und finanziell nicht oder nur schlecht vorsorgen können, zum Beispiel bei der Rentenzahlung (Stichwort: Teilzeit-Falle). Außerdem bedeutet es für die Frauen eine große Doppelbelastung, weil der Großteil der Haus- und Sorgearbeit neben der Teilzeit-Erwerbstätigkeit weiterhin von den Frauen geleistet wird.
Im „Universellen Erwerbstätigenmodell“ arbeiten beide in Vollzeit und die meiste Haus- und Sorgearbeit wird ausgelagert. Ein Vorteil an diesem Modell ist, dass zum Beispiel der Gender Pension Gap, also der Unterschied in der Alterssicherung zwischen Männern und Frauen nicht so groß ist, weil beide Partner_innen finanziell vorsorgen können. Allerdings ist dieses Modell sehr ‚anstrengend‘ und finanziell belastend, da ein relativ hohes Einkommen allein für die Kinderbetreuung erwirtschaftet werden muss. In Deutschland ist dieses Modell nicht sehr weit verbreitet, man findet diese Konstellation eher in Frankreich oder in den USA.
Das „Erwerbs- und Sorgemodell“ ist das Modell, nach dem Stefanie und Tobias mit Kindern leben. Es bedeutet, dass beide Partner_innen ihre Arbeitszeit auf ungefähr 30 bis 35 Stunden in der Woche reduzieren. Die Erwerbsarbeit wird damit zu gleichen Teilen ausgeführt und auch die Haus- und Sorgearbeit wird gleich aufgeteilt. Zusätzlich wird Kinderbetreuung ‘von außen‘ in Anspruch genommen. Nach diesem Modell leben in Deutschland ungefähr 14% aller Paare. Ein Vorteil an diesem Modell ist vor allem, dass das Armutsrisiko der Familie insgesamt sinkt, weil beide Elternteile vollzeitnah arbeiten und für ihr Erwerbseinkommen und ihre finanzielle Vorsorge wie Rentenansprüche verantwortlich sind. Außerdem bedeutet das Modell, dass Verantwortung geteilt wird und man zu einem richtigen Team wird. Konflikte können natürlich entstehen, zum Beispiel, weil beide Eltern unterschiedliche Vorstellungen von der Kindererziehung haben, aber beide „gleich viel“ verantwortlich sind. Der Schlüssel dafür ist wie so oft: Kommunikation!
Was verdient die Frau?/Lohaus
Vor allem im Bereich Haushalt und Freizeit fallen viele Paare in alte Geschlechterrollenmuster zurück: Männer neigen häufiger dazu, einem Hobby nachzugehen und Frauen dazu, die anfallende Hausarbeit fast alleine zu übernehmen. Für das 50/50 Prinzip ist es jedoch wichtig, dass alle Bereiche gerecht aufgeteilt werden.
Und das liebe GELD? Der Bereich, der nichts mit Zeit zu tun hat, der für eine gleichberechtigte Partnerschaft aber ebenfalls sehr wichtig ist, ist der Bereich Finanzen. Viele Paare halten es für das Beste alle (Haushalts-)Kosten in der Mitte aufzuteilen. Stefanie plädiert aber für ein anderes Modell: weil Männer durch ihre Berufswahl, Ausbildung oder auch aufgrund sexistischer Strukturen meistens mehr verdienen als Frauen, haben sie und ihr Partner ein gemeinsames Konto, auf das beide ihr Geld einzahlen und jede_r nimmt sich selbst das benötigte Geld von diesem Konto. Es gibt also eine Familienkasse und zusätzlich eine Art Taschengeld für beide, von dem Dinge wie neue Schuhe oder der Kinobesuch mit den Freund_innen bezahlt werden.
Das ist ein klassisches Problem. Frauen wachsen (unbewusst) damit auf und werden dazu erzogen diese Dinge zu sehen und auch mehr im Haushalt mitzuhelfen. Es ist zunächst wichtig sich gemeinsam für das 50/50 Modell in einem klärenden Gespräch bewusst zu entscheiden, wenn beide dieses Modell wirklich leben wollen.
Um wirklich nach diesem Prinzip zu leben, ist es oft nicht sinnvoll alle Arbeiten in der Mitte zu teilen. Man kann aber Aufgabenbereiche definieren und damit festlegen, wer „hauptverantwortlich“ für die Wäsche oder Reparaturen am Auto ist (, das kann man übrigens ganz bewusst entgegen gängiger Geschlechterklischees aufteilen!). Manche Bereiche, wie zum Beispiel das Einkaufen, lassen sich schlecht nur von einer Person erledigen. Es geht aber letztlich darum die Zeit gerecht aufzuteilen. Außerdem ist es wichtig, dass beide auch für die Beziehungsarbeit wie Geburtstagsgeschenke für Verwandte oder den nächsten Kindergeburtstag besorgen, bereit sind Verantwortung zu übernehmen. Auch das ist Arbeit, die man dem Bereich „Hausarbeit“ zurechnen kann – es wird aber oft vergessen.
Grundsätzlich gilt: das 50/50 Modell ist ein Zeit-Modell. Beide Partner_innen sollen gleich viel Zeit mit den jeweiligen Aufgabenbereichen verbringen. Das kann zum Beispiel heißen, dass eine Person mehr Aufgaben im Alltag übernimmt und die andere den wöchentlichen Großputz erledigt.
Diese Themen sind oft sehr emotional besetzt und auch die eigenen Rollenbilder sind stark von denen der Gesellschaft oder der eigenen Eltern beeinflusst. Es ist sehr hilfreich, wenn man es schafft, sich davon zu lösen und rational darüber nachzudenken wie man leben möchte und was man dafür tun kann. Dann gelingt es auch viel besser, über diese Dinge zu verhandeln.
Ein persönlicher Tipp von Stefanie: Aufschreiben, wie viel Zeit man pro Tag für welche Aufgaben aufbringt, um sich selbst und gegenseitig zu visualisieren, wie weit auseinander die tatsächliche Arbeitsleistung überhaupt liegt – also eine Art Arbeitstagebuch zu führen. Dazu reicht es schon das eine Woche lang zu machen, um eine erste Verhandlungsbasis zu schaffen. Stefanie hat zusammen mit ihrem Partner außerdem genau definiert, was damit gemeint ist z.B. das Bad zu putzen oder Wäsche zusammenzulegen. Auch wenn sich das albern anhört, es hilft kleine, wiederkehrende Streitereien vorzubeugen.
Dinge wie Einkaufen, Putzen und Wäschewaschen sind Aufgaben, die gemacht werden müssen und häufig am Wochenende erledigt werden. Das führt dazu, dass weniger Zeit für Freizeit bleibt. Stefanie und ihrem Partner hat es geholfen die anfallende Hausarbeit – soweit es möglich ist – zusammen bzw. gleichzeitig zu machen. Das geht schneller und zusammen ist es außerdem weniger langweilig. Das funktioniert natürlich nicht immer – vor allem nicht, wenn kleine Kinder nebenbei betreut werden müssen. Eine andere Möglichkeit wäre, bestimmte Aufgaben auf verschiedene Tage zu verteilen: beispielsweise könnten Einkäufe nach der Arbeit unter der Woche erledigt werden, damit der Samstag etwas entzerrt wird. Beim 50/50 Modell geht es aber vor allem darum, dass die Aufgaben fair verteilt werden, sodass nicht eine Person alles erledigen muss.
Wenn die studierende Partnerin Zeit und Unterstützung bekommen würde, um das Studium abzuschließen, könnte sie schneller auch Geld verdienen und das Familieneinkommen würde sich insgesamt erhöhen. Das Paar würde also insgesamt davon profitieren. Langfristig ist es sehr viel sinnvoller für die Familie, wenn zwei Personen sich die (finanzielle) Verantwortung teilen. Zwei Personen verdienen schließlich mehr als nur eine und die Familie steht auf vier, statt nur auf zwei Beinen. Grundsätzlich sollte man sich überlegen, wie man als Familie sparen und vorsorgen kann. Dazu ist es hilfreich, Tabellen anzulegen und auch auszurechnen, was es für welchen Zeitraum heißt, wenn beide gleichberechtigt Lohnarbeit und Sorgearbeit nachgehen. Muss ein Kredit aufgenommen werden? Muss es der teure Urlaub in der Karibik sein oder reicht ein Campingurlaub an der Ostsee?
Übrigens, wenn die Konstellation so ist, dass der Mann kein Geld verdient, weil er studiert und die Frau das Familieneinkommen erwirtschaftet, wird häufig nicht in Frage gestellt, dass er sein Studium verfolgen und abschließen sollte. Man sollte sich selbst und seine_n Partner_in in solchen Situationen also ruhig hinterfragen und immer langfristig denken!
Das ist individuell verschieden und kann auch bei Frauen von Geburt zu Geburt unterschiedlich sein. Manche Frauen empfinden eine Geburt psychisch sehr belastend und andere überhaupt nicht. Jede Frau muss also individuell entscheiden, wann sie wieder arbeiten und auch, wie viel sie dann arbeiten möchte und kann. Stefanie zum Beispiel ist nach ein paar Monaten erstmal mit 16 Stunden pro Woche wieder eingestiegen und hat zwischendurch sogar noch gestillt. Hilfreich fanden sie, dass ihr Mann gleich nach der Geburt auch Elternzeit genommen hat und sie die Anfangszeit gemeinsam erleben konnten. So wurden beide Eltern von Anfang an zu „Expert_innen“, konnten beide von der Hebamme lernen und es hat sich keine ungleiche Rollenverteilung „eingebürgert“. Eine faire Arbeitsteilung kann also direkt nach der Geburt eines Kindes beginnen. Das Problem beim Wiedereinstieg in den Beruf ist für viele Frauen, dass viele Arbeitgeber verlangen, den Arbeitstag durchplanen zu können. Mit einem Kind – das vielleicht sogar noch gestillt wird – ist dieses Planen aber nicht so einfach.
Tipp:
Mehr Infos zu deinen Rechten als Mutter findest du in der Mediathek zu unserem Webinar „Storch im Anflug?! Durchblick bei Mutterschutz, Elternzeit und Elterngeld“.
In der Wissenschaft gibt es für dieses Phänomen den Begriff „maternal gatekeeping“. Gesellschaftlich wird zudem suggeriert, dass Mütter die natürlichen Expertinnen für ihre Kinder seien. Das kann dazu führen, dass Mütter diese Expertinnenrolle auch einnehmen, nicht zuletzt als Selbstbestätigung. Wenn man Gleichberechtigung auch in der Kindererziehung möchte, muss man sich von diesen Vorstellungen jedoch lösen und akzeptieren, dass der Partner vielleicht in einigen Fragen andere Vorstellungen hat als man selbst: zum Beispiel würdest du eurem Kind an einem Frühlingstag keine extra Strumpfhose anziehen, er aber schon. Beide Elternteile müssen lernen, wie sie mit dem Kind umgehen – das geht aber nur, wenn auch beide lernen dürfen.
Gewisse Aufgaben sind – vor allem nach der Geburt eines Kindes – nicht teilbar, so zum Beispiel das Stillen. Das Beste ist, sich erst einmal von gesellschaftlichen Erwartungen zu befreien und für sich selbst zu entscheiden, ob und warum man gerne stillen oder eben nicht stillen möchte. Und auch hier gilt: es erleichtert eine gleichberechtigte Partnerschaft, wenn man möglichst viele Aufgaben abgeben oder abwechseln kann. Stefanie und ihr Partner haben es zum Beispiel geschafft, dass sie das gemeinsame Kind gestillt hat, ihr Partner es hingehen viel getragen und dadurch oft beruhigt hat. Als „Busen-Mensch“ und „Schaukel-Mensch“ hatten beide Elternteile so ihre ‚eigenen‘ Aufgabenbereiche und konnten intensiv Zeit mit ihrem Kind verbringen.
Stefanie und ihr Partner übernehmen in der Kinderbetreuung soweit es geht die gleichen Aufgaben. Dies hat den Vorteil, dass die beiden zu einem gewissen Grad ‚austauschbar‘ sind und sich leichter abwechseln können. Auch bei der Aufteilung der Kinderbetreuung gibt es unterschiedliche Möglichkeiten: es gibt Paare, die sich die volle Verantwortung für die Kinder tageweise aufteilen und andere, die sich bei den Aufgaben wie z.B. das Kind von der KiTa abholen abwechseln. Dabei geht es auch darum, dass beide Elternteile eine liebevolle Beziehung zu ihrem Kind aufbauen wollen und sich dafür gleich viel Zeit nehmen.
Es gibt Studien, die besagen, dass es Kindern Sicherheit gibt, wenn sie mehrere Bezugspersonen haben. Das 50/50 Prinzip erleichtert, dass Kinder beide Eltern als gleichwertige und gleich wichtige Bezugsperson sehen. Damit werden Eltern ‚austauschbarer‘, die Kinder profitieren von zwei Ansprechpartner_innen und auch als Mutter kann frau mal eine Woche in den Urlaub oder auf eine Dienstreise fahren, während das Kind beim Vater bleibt.
Es wird oft beobachtet, dass Männer besonders viel Anerkennung und Lob erhalten, wenn sie sich um ihre Kinder kümmern, während es bei Frauen als selbstverständlich angesehen wird. Stefanie selbst kann das so nicht bestätigen, sie sieht eher ein großes Problem darin, dass das Thema Kinderbetreuung in Männergruppen selten thematisiert wird. Auch scheint es so zu sein, dass eine gleichberechtigte Kinderbetreuung unter Männern eher stigmatisiert oder nicht anerkannt wird.
Es hängt sehr stark vom eigenen Arbeitgeber ab: wenn die Bereitschaft im Unternehmen da ist, sich um die Eltern herum zu organisieren und wenn akzeptiert wird, dass man an manchen Tagen weniger verfügbar ist, dann lassen sich Beruf und Familie gut vereinbaren. Oft ist nicht das Problem, dass man seine Aufgaben erledigt bekommt, sondern dass es keine Akzeptanz dafür gibt, dass man mal früher nach Hause muss, weil das Kind krank ist. Es wird für Eltern auch problematisch, wenn Unternehmen ihre Meetings auf 16 Uhr am Nachmittag legen. Die Gesellschaft muss Druck auf Unternehmen ausüben, indem möglichst oft thematisiert wird, dass wir eine Arbeitskultur brauchen, in der Kinder und Beruf einander nicht ausschließen.
Tipp:
Für einen diskriminierungsfreien Arbeitsplatz setzen sich auch Gewerkschaften ein. Mit einer Mitgliedschaft unterstützt du die Gewerkschaften nicht nur bei ihrer Arbeit, sondern profitierst auch vom kostenlosen Rechtsschutz. Mehr Infos findet ihr in diesem Artikel auf unserer Seite.
Wahrscheinlich trügt der Schein der vielen tollen Vereinbarkeitskonzepte ein wenig. In Berlin arbeiten in erster Linie viele Freiberufler_innen, die sich ihre Arbeit sowieso selbst aufteilen können. Grundsätzlich braucht es aber politischen und gesellschaftlichen Druck auf große wie kleine Unternehmen, sich mit Vereinbarkeitsfragen auseinanderzusetzen. Dafür ist es vor allem wichtig, anzufangen und ggf. der oder die erste im Unternehmen zu sein, der/die das Thema anspricht. Wir sind eine Vorreitergeneration und müssen uns klarmachen, dass unsere Aktionen einen Einfluss auf andere haben – auf die, die jetzt bereits mit uns arbeiten, aber auch auf die, die nach uns kommen.
Es ist wichtig, zu überlegen, was es langfristig bedeutet, wenn eine Person die eigene Karriere unterbricht. Außerdem kann es sinnvoll sein, darüber nachzudenken, dass das Geld beider Partner_innen als Familieneinkommen gerecht geteilt wird. Wenn man als Frau zum Beispiel eine zusätzliche Rentenversicherung abschließen möchte, könnte man diese auch gemeinsam bezahlen. So kann Kindererziehung und dadurch fehlendes Einkommen bei beiden Elternteilen vorausschauend einberechnet werden.
Es kann eine Erleichterung sein, wenn Paare unterschiedliche Arbeitszeiten haben, weil man sich leichter abwechseln kann. Zum Beispiel kann eine_r die Kinder immer in die Kita hinbringen und der/die andere holt sie ab. Hier wird es also eher schwierig, gemeinsam Zeit als Familie zu verbringen. Vielleicht klappt es trotzdem einen festen Termin für gemeinsame Familienzeit einzuplanen, an dem man die Hausarbeit sein lässt und gemeinsam z.B. eine Fahrradtour unternimmt.
Es gibt zum Beispiel die App "Splitwise" (www.splitwise.com) in der man einen guten Überblick über die gemeinsamen Finanzen behält. Außerdem ist ein gemeinsamer digitaler Kalender wie z.B. die App "Time Tree" (timetreeapp.com) sehr hilfreich für die Organisation des Familienalltags. Für das Erstellen von Zeit-Listen ist Excel praktisch – am besten probiert man selbst aus, was man als hilfreich und unkompliziert empfindet. Auch Apps wie "Scrum / Agile" (www.scrumtotal.com), "Slack" (slack.com) oder "Trello" (trello.com) können bei der gegenseitigen Visualisierung der Hausarbeit oder bei der Organisation des Alltags helfen. Außerdem gibt es Einkaufslisten-Apps, die den Einkauf erleichtern können: "Bring" (www.getbring.com) und "Die Einkaufsliste" (play.google.com/store/apps/...).
Es gibt in Deutschland kein Recht auf Home Office. Man kann aber individuelle Lösungen mit dem Arbeitgeber finden, um den Ort, von dem man arbeitet, flexibel zu halten. Wenn es einen Personal- oder Betriebsrat gibt, kann man auch die Interessenvertretung in den Verhandlungsprozess einbinden. Unter Umständen gibt es sogar Betriebs- oder Dienstvereinbarungen zum Thema Home Office, worüber dann Personal- und Betriebsräte berichten können. Auch über Tarifverträge können evtl. kollektive Ansprüche auf z.B. Home Office erwachsen.
Home Office erleichtert das flexible Arbeiten definitiv. Wichtig ist dabei aber auch das eigene Überstundenverhalten zu reflektieren. Auch der Arbeitgeber ist gefragt: die Arbeitszeiten müssen eingehalten werden, für Mitarbeiter_innen, die von Zeit zu Zeit von zu Hause aus arbeiten, gelten die gleichen Regelungen wie wenn sie im Unternehmen an ihrem Schreibtisch sitzen. Überstunden müssen vom Arbeitgeber aufgezeichnet werden. Gleichzeitig gilt auch für Mitarbeiter_innen im Home Office der Schutz eigener Daten, so dass durch die Aufzeichnungspflicht keine Verhaltenskontrollen stattfinden dürfen.
Das Mutterschutzrecht sieht vor, dass in den ersten 12 Monate nach der Entbindung das Stillen (oder Abpumpen!) in einem Betrieb ermöglicht werden muss. Das bedeutet, dass Müttern die Möglichkeit gegeben werden muss über eine Stunde oder über zwei Mal 30 Minuten pro Arbeitstag stillen zu können. Dafür erhalten sie auch Entgelt. Die Freistellung für die Stillzeit (eine Stunde) ergibt sich aus den Rechten aus dem Arbeitsverhältnis: für geleistete Arbeit bekomme ich Entgelt – und stillende Mütter können diese Arbeit nur leisten, wenn sichergestellt ist, dass ihr Kind versorgt wird. Wenn die Arbeitszeit länger als acht Stunden am Stück beträgt, verlängert sich dein Anspruch auf Still- oder Abpumpzeit auf 90 Minuten. Außerdem kann frau diese Zeit grundsätzlich individuell einteilen und z.B. mit der regulären Mittagspause kombinieren (die allerdings regulär als Pause angerechnet wird).
Übrigens: Auch in Cafés oder Restaurants darf frau ihr Baby stillen. Diese dürfen sich in diesem Fall nicht auf ihr Hausrecht berufen. Die Rechte aus dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG) sind zu beachten.
Hier gibt es unterschiedliche Möglichkeiten:
Erstens besteht die Möglichkeit auf Teilzeit nach dem Teilzeit- und Befristungsgesetz. Hier kann der Arbeitgeber jedoch angeben, dass betriebliche Gründe vorliegen, die gegen eine Teilzeitbeschäftigung sprechen.
Ein Anspruch auf Verringerung der Arbeitszeit besteht grundsätzlich dann,
Zweitens besteht die Möglichkeit, in Teilzeit nach dem Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz (BEEG) zu arbeiten. Danach gibt es die Möglichkeit auf Teilzeit während der Elternzeit. Im Rahmen der Elternzeit kann man sich entscheiden, für z.B. zwei Jahre nicht zu arbeiten und danach die Arbeitszeit aus der Elternzeit heraus zu reduzieren. Hier liegen die Anspruchsvoraussetzungen für eine Teilzeitbeschäftigung häufig günstiger für die Arbeitnehmer_innen. Die Betriebe können hier nur einwenden, dass dringende betriebliche Gründe dagegen sprechen. Auch hier ist es sinnvoll die konkrete Situation in einer rechtlichen Beratung zu besprechen und die beste Möglichkeit für einen selbst herauszufinden.
Ein Anspruch auf Verringerung der Arbeitszeit besteht danach grundsätzlich dann,
Wer in Teilzeit arbeiten möchte, muss Frist und Schriftformerfordernis einhalten, die gesetzlich vorgegebenen sind. Ob eine Verringerung der Arbeitszeit (sowie Verteilung der Verringerung der Arbeitszeit) in deinem konkreten Fall nach dem TzBfG oder dem BEEG sinnvoller ist, kann dir der gewerkschaftliche Rechtsschutz sagen. Lass dich gern dazu von den Rechtsschutzsekretär_innen deiner Gewerkschaft beraten.
Tipp:
Schau dir in der Mediathek unsere Webinar „Storch im Anflug?! Durchblick bei Mutterschutz, Elternzeit und Elterngeld“ an und hole dir mehr Infos!
Es gibt kein pauschales Gesetz, das es allen Arbeitnehmer_innen ermöglicht 30 bis 35 Stunden zu arbeiten. Es muss immer geprüft werden, wie die konkrete Stelle aussieht und welche Gründe seitens des Arbeitgebers vielleicht dagegen sprechen. Wichtig ist, dass ein schriftlicher Reduzierungsantrag eingereicht wird, mindestens drei Monate bevor dieser beginnen soll. Hier spielt oft nicht nur die Reduzierung, sondern auch die Verteilung der Arbeitszeit eine Rolle (z.B. wenn frau das Kind morgens in die KiTa bringen möchte und daher später zur Arbeit kommt). Der Arbeitgeber muss nachweisbare Gründe entgegensetzen, um dies zu verhindern – in den letzten Jahren hat sich die Rechtsprechung in diesem Thema jedoch zunehmend familienfreundlich gezeigt.
Auch hier rät unsere Rechtsexpertin Micha, dass du dich beraten lässt, um deine individuelle Situation zu besprechen. Das geht zum Beispiel beim Rechtsschutz deiner Gewerkschaft oder, wenn du kein Gewerkschaftsmitglied bist, bei Rechtsanwälten (evtl. hast du Anspruch auf Beratungshilfe, sodass du die Kosten für Anwälte nicht selbst tragen musst).
Im Teilzeit- und Befristungsgesetz ist vorgesehen, dass Personen, die von Teilzeit zurück in eine Vollzeitstelle wechseln wollen, besondere Berücksichtigung erfahren. Es gibt aber noch keinen umfassenden Rechtsanspruch für alle Arbeitnehmer_innen. Aktuell liegt ein Gesetzesentwurf vor, der besagt, dass Betriebe ab 45 Arbeitnehmer_innen die Rückkehr auf Vollzeit gewähren müssen. Hier wurde allerdings zusätzlich eine Zumutbarkeitsgrenze gezogen: Unternehmen, die zwischen 46 und 200 Mitarbeiter_innen beschäftigen, müssen dies nur einer von 15 Personen gewähren. Es wäre somit also nicht für alle (Eltern) möglich, von einer Teilzeitstelle in Vollzeit zurückzukehren. Das ist zu kritisieren.
Grundsätzlich ist für die Urlaubsplanung der Arbeitnehmer_innen gesetzlich vorgesehen, dass soziale Gesichtspunkte Berücksichtigung finden. Das bedeutet, dass im Betrieb abgewägt werden soll, wer wann Urlaub nehmen darf und dass Eltern mit schulpflichtigen Kindern dann Urlaub bekommen sollten, wenn die Kinder Ferien haben. Da dies immer eine Interessensabwägung ist, kann es auch vorkommen, dass in manchen Jahren auch Arbeitnehmer_innen ohne Kinder berücksichtigt werden, die in den übrigen Jahren bei der Urlaubsplanung „zurückstecken“ mussten.
Übrigens: wenn zum Beispiel die KiTa abrupt geschlossen wird, muss man nicht unbedingt spontan einen Tag Urlaub nehmen. Auch hier kann man Gebrauch von der „vorübergehenden Verhinderung“ machen und erhält für den Tag (bis zu 5 Tage, siehe oben zu den Kinderkrankheitstagen) das Entgelt. Wichtig ist allerdings, dass das Recht aus § 616 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) nicht ausgeschlossen ist. Dazu müsst ihr in eurem Arbeitsvertrag, in der Betriebsvereinbarung eures Betriebes oder im Tarifvertrag schauen, der auf euer Arbeitsverhältnis zur Anwendung kommt.
Unsere Rechtsexpertin Micha rät dazu, sich vor allem mit dem Recht auf Teilzeit bzw. auf Rückkehr in Vollzeit und dementsprechend mit dem neuen Gesetzentwurf zu beschäftigen. Bietet es sich an, dass du dich auf das Teilzeit- und Befristungsgesetz beziehst oder eher auf das Elternzeitgesetz?
Es ist grundsätzlich sehr wichtig, um seine eigenen Rechte zu wissen und dieses Wissen weiterzugeben – vor allem an diejenigen, die dieses Wissen nicht ohne weiteres erlangen können.
Auch bei diesem Thema finden sich im Gesetz unterschiedliche Regelungen: zum einen hat man die Möglichkeit, als „vorrübergehend verhindert“ weiterhin das eigene Entgelt zu erhalten. Arbeitsgerichte haben entschieden, dass dies bis zu fünf Tage möglich ist. Zudem gibt es nach dem SGB V die Möglichkeit sich bis zu 10 Tage im Jahr um das kranke Kind zu kümmern (dies gilt bei einem Kind – bei mehreren Kindern erhöhen sich diese Tage, allerdings sind es höchstens 25 Tage pro Jahr, bzw. doppelt so viele für bei Alleinerziehende. Hier wird das Kinderkrankengeld, also ein prozentualer Anteil des Entgelts, ausgezahlt. Dies gilt wenn das Kind nicht älter als 12 Jahre ist und krank zu Hause betreut oder zur Ärztin begleitet werden muss. Es braucht eine ärztliche Bescheinigung, dass das Kind zu betreuen ist. Diese muss dem Arbeitgeber vorgelegt werden.
Es kommt also darauf an, von welchem Recht du Gebrauch machst: Bei der vorrübergehenden Verhinderung erhältst du dein volles Entgelt. Ziehst du § 45 SGB V als Rechtsgrundlage heran, erhältst du das Kinderkrankengeld. Auch hier rät unsere Rechtsexpertin Micha, dass du dir individuelle Beratung einholst, um die für deinen konkreten Fall beste Lösung zu finden.
Erst einmal entschieden die Eltern. Der Anspruch nach § 616 Bürgerliches Gesetzbuch (Vorübergehende Verhinderung) darf jedoch nicht ausgeschlossen sein. Dazu muss man im Arbeitsvertrag und in bestehenden Betriebsvereinbarungen oder Tarifverträgen schauen, die in deinem Arbeitsverhältnis zur Anwendung kommen. Ist der Anspruch nicht ausgeschlossen, musst du die Verhinderung sofort anzeigen – also direkt am Morgen den Arbeitgeber benachrichtigen, dass das Kind erkrankt ist und du nun zum Arzt gehst. Wichtig zu wissen ist, dass der Arbeitgeber einen ärztlichen Nachweis verlangen kann, dass das Kind erkrankt und betreuungsbedürftig ist.
Tipp: Weitere Infos gibt es einem interessanten Artikel von Jana Lorenz „7 Fragen zur Freistellung bei erkranktem Kind“: www.bund-verlag.de/aktuelles~7-Fragen-zur-Freistellung-bei-Erkrankung-eines-Kindes~
Wenn du Beamtin bist, kann es gut sein, dass noch weitere tarifvertraglich geregelte Freistellungsregelungen von dir in Anspruch genommen werden können. Dafür lohnt sich ein Blick in den Arbeitsvertrag und den auf das Arbeitsverhältnis zur Anwendung kommenden Tarifvertrag. Damit ein Anspruch auf die 10 oder mehr Tage sowie das Kinderkrankengeld nach § 45 SGB V besteht, müssen beide Elternteile anspruchsberechtigt sein. Das heißt:
Für die Übertragung der Ansprüche gilt dann: Die Spitzenverbände der Krankenkassen haben sich dafür ausgesprochen, die Übertragung von Ansprüchen zwischen versicherten Ehegatten zuzulassen, wenn ein Elternteil die Betreuung nicht übernehmen kann und der Arbeitgeber den Freistellungsanspruch (nochmals) gegen sich gelten lässt.
DGB/Paula Winkler
Stefanie ist seit 2008 Mitbegründerin und Mitherausgeberin des feministischen Missy Magazines und des feministischen Blogs 10nach8 bei Zeit Online.
Ihre Artikel über Popkultur, Politik, Feminismus sowie Vereinbarkeit von Beruf und Familie erscheinen nicht nur dort sondern unter anderem bei Zeit Online, in der FAS und FAZ.
2015 veröffentlichte sie gemeinsam mit ihrem Partner Tobias Scholz den Erfahrungsbericht „Papa kann auch stillen“, über das Leben in einer gleichberechtigte Partnerschaft. Uns erklärt sie das "50/50-Prinzip" und verrät ihre Tricks für faire Arbeitsteilung in der Beziehung. Denn wo der Wille ist, ist bekanntlich immer ein Weg.
DGB/Micha Klapp
Micha Klapp ist seit April 2016 Gewerkschaftsjuristin beim Deutschen Gewerkschaftsbund (DGB).
Zuvor war sie mehrere Jahre hauptberuflich als Rechtanwältin im Arbeitsrecht und Antidiskriminierungsrecht tätig. Zum 10-jährigen Bestehen hat sie im Jahr 2016 gemeinsam mit weiteren Autor_innen das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz im Auftrag der Antidiskriminierungsstelle des Bundes evaluiert. Ehrenamtlich beschäftigt sie sich mit gleichstellungspolitischen und antidiskriminierungsrechtlichen Themen.
In unserem 5. Feminar klärt euch Micha über eure Rechte in Bezug auf Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben auf und beantwortet all eure Fragen, die sich auf euren Arbeitsplatz beziehen.