Deutscher Gewerkschaftsbund

Gender Time Gap: Arbeitszeiten von Frauen und Männern

Fast 45 Millionen Menschen in Deutschland sind erwerbstätig. Doch Frauen arbeiten pro Woche etwas über acht Stunden weniger als Männer im Rahmen ihres bezahlten Jobs.  Sie arbeiten häufiger in Teilzeit, unterbrechen ihre Karriere öfter und stecken in Minijobs fest. Woran liegt das?

Frau am Laptop schaut auf Armbanduhr

DGB/Ammentorp/123rf.com

Arbeit von Frauen und Männern

Der Gender Care Gap macht sichtbar, dass und in welchem Ausmaß Frauen mehr unbezahlte Care-Arbeit leisten als Männer. Als Care-Arbeit gilt: Arbeit in Haushalt und Garten, die Pflege und Betreuung von Kindern und Erwachsenen, ehrenamtliches Engagement und unbezahlte Hilfen für andere Haushalte sowie die dafür notwendigen Anfahrtszeiten. Die Zahlen zeigen: Im Schnitt verbringen Frauen pro Woche 10 Stunden mehr mit unbezahlter Care-Arbeit als Männer.

Gleichzeitig gehen Frauen durchschnittlich 8,4 Stunden pro Woche weniger einer bezahlten Erwerbstätigkeit nach als Männer. Dieser Unterschied wird Gender Time Gap genannt. Beides ist nicht zwangsläufig schlimm. Aber die Rahmenbedingungen müssen stimmen. Zum Beispiel, dass die Entscheidung für weniger bezahlte Arbeit freiwillig ist. Dass alle sich jederzeit anders entscheiden können. Dass das Geld trotzdem zum Leben reicht – und zwar heute und auch in ein paar Jahren noch. Und hier liegt der Hase im Pfeffer: Denn so ist es leider nicht.

Problem Nummer 1: Fehlende Anerkennung von Care-Arbeit

Kindererziehung, Pflege von Angehörigen, Waschen, Kochen, Putzen, den Hund ausführen und das Geschenk für Omas 80. besorgen – all das ist Arbeit. Allerdings wird diese Care-Arbeit häufig nicht als Arbeit anerkannt. Abgewertet gegenüber „echter“ Lohnarbeit erscheinen Kümmern und Sorgen vielen tatsächlich noch immer als Bedürfnis oder gar Erfüllung der Frau. Ein absolut verzerrter Blick auf die Geschlechter und die Verhältnisse. Denn zum einen würde ohne Care-Arbeit in unserer Gesellschaft nichts, rein gar nichts, funktionieren. Care-Arbeit ist elementar und sorgt dafür, dass Menschen überhaupt zur „echten“ Arbeit gehen können. Und zum anderen sind es keine vermeintlich natürlichen Neigungen, sondern strukturelle Bedingungen und veraltete Rollenbilder, die Frauen (und Männer) dazu drängen, bestimmte Entscheidungen hinsichtlich ihres Berufslebens zu treffen.

Problem Nummer 2: Fehlende Unabhängigkeit durch Teilzeit und Minijob

Viele Frauen, die sich für Teilzeit oder geringfügige Beschäftigung entscheiden, um vorübergehend mehr Zeit für die Haus- und Familienarbeit zu haben, stecken später in der sogenannten Teilzeitfalle fest: 80 Prozent der Teilzeitstellen und zwei Drittel der Minijobs werden von Frauen ausgeführt. Obwohl viele lieber mehr arbeiten würden. Der durchschnittliche Stundenlohn einer Teilzeitbeschäftigten liegt rund 18 Prozent unter dem eines Vollzeitbeschäftigten. Das heißt oft: Wenig Geld zum Leben heute. Und drohende Armut im Alter. Oder immerwährende wirtschaftliche Abhängigkeit von anderen.

 

 TZ-Quoten_WSI

WSI GenderDatenPortal 2020

Abwägen und klug entscheiden!

Der erste Impuls verleitet womöglich zu fragenden Blicken: Warum ist weniger arbeiten so schlecht? Natürlich kann es toll sein, weniger Stunden pro Woche der Erwerbsarbeit nachzugehen, und so z.B. mehr Zeit für die eigenen Hobbys zu haben. Wir möchten dich dazu ermutigen, deine beruflichen Entscheidungen genau zu überdenken und informiert zu treffen. Was du heute tust oder lässt, hat Auswirkungen auf deine Existenzsicherung und deine Unabhängigkeit – kurzfristig und langfristig. Vielleicht hilft es dir, die folgenden Fragen in Ruhe für dich ganz allein zu beantworten:

  1. Kann ich mich momentan mit meinem Einkommen finanzieren?
  2. Kann ich mich auch über schlechtere Zeiten retten und z.B. sparen oder anderweitig vorsorgen?
  3. Kann ich mit meinem Einkommen gegebenenfalls auch ein Kind oder gar mehrere Kinder mitversorgen?
  4. Reichen die mir zustehenden Lohnersatzleistungen im Fall der Fälle?
  5. Gehe ich das Risiko ein, im Alter in Armut zu leben und bin ich dazu bereit?
  6. Will ich Karriere machen und geht das auf diesem Weg?

Prüfe alle deine Optionen! Mach dir klar, dass es dein gutes Recht ist, dich für wirtschaftliche Unabhängigkeit zu entscheiden! Gestalte deine Zukunft selbstbewusst! Such dir Verbündete!

Gewerkschaft – immer eine gute Idee

Gewerkschaften setzen sich für Gleichstellung ein – auf allen Ebenen. Wir machen uns stark für die Aufwertung von Care-Arbeit, faire, selbstbestimmte und gleichberechtigte Arbeitszeitmodelle und mehr gute Arbeit und gutes Leben für alle. Wir beraten dich gern und wir unterstützen dich auch in der Praxis. Sprich uns an!

Weitere Informationen: