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Der Gender Pay Gap in Deutschland liegt weiterhin durchschnittlich bei 21 Prozent, obwohl die Entgeltlücke zwischen jüngeren Frauen und Männern unter 30 Jahren mittlerweile auf 9 Prozent gesunken ist. Grund für den auch international betrachtet hohen Verdienstabstand ist der starke Anstieg des Gender Pay Gaps ab dem Alter von 30 Jahren. Zwischen Beschäftigten im Alter von 30 und 50 Jahren verdreifacht sich die Lohnlücke zwischen Männern und Frauen, so dass 50-jährige Frauen im Durchschnitt 28 Prozent weniger verdienen als Männer.
DIW Berlin 2020 / Quelle: FDZ der statistischen Ämter des Bundes und der Länder, Verdienststrukturerhebung 2014, eigene Berechnungen
Doch warum steigt der Gender Pay Gap ab 30 Jahren so stark an, obwohl in diesem Alter die meisten entscheidenden Weichen wie die Wahl des Berufes bereits gestellt sind?
Grund für den Anstieg der Lohnlücke ist das Auseinanderdriften der Stundenlöhne von Männern und Frauen ab dem Alter von 30 Jahren. Zu Beginn des Berufslebens entwickeln sich die Löhne von Männern und Frauen noch sehr ähnlich und wachsen mit zunehmender Berufserfahrung. Doch ab dem Alter von 30 Jahren stagnieren die Stundenlöhne der Frauen, sie bleiben also über die nächsten Lebensjahrzehnte nahezu konstant. Im Gegensatz dazu steigen die Stundenlöhne von Männern im gleichen Zeitraum jedes Jahr weiter an. Es entsteht eine sichtbare Schere zwischen den Stundenlöhnen von Männern und Frauen, welche sich auch im Gender Pay Gap abzeichnet.
Zeitlich fällt das Auseinanderdriften der Frauen- und Männerlöhne dabei in etwa mit der Geburt des ersten Kindes zusammen. So bekommen Frauen in Deutschland ihr erstes Kind im Durchschnitt im Alter von 30 Jahren, also im selben Alter, ab dem ihr Lohnwachstum erkennbar abflacht. Hängt der Anstieg des Gender Pay Gaps ab 30 Jahren also mit der Geburt von Kindern zusammen?
DIW Berlin 2020 / Quelle: FDZ der statistischen Ämter des Bundes und der Länder, Verdienststrukturerhebung 2014 und Mikrozensus 2014-2016, eigene Berechnungen
Ab dem Alter von 30 Jahren – dem durchschnittlichen Alter der Mutter bei Geburt des ersten Kindes – reduzieren Frauen deutlich ihre Arbeitszeit und arbeiten zunehmend in Teilzeit. Für Männer ist ein solcher Zusammenhang nicht ersichtlich. Dies deutet darauf hin, dass bei Familiengründung weiterhin überwiegend Frauen die anfallende Sorgearbeit, also das Betreuen von Kindern, abfedern – und zwar kurzfristig durch längere Elternzeit und langfristig durch eine Reduzierung der Wochenarbeitszeit. Denn oftmals wird aus finanziellen Gründen entschieden, welcher Elternteil seine Erwerbstätigkeit unterbricht bzw. seine Arbeitszeit reduziert. Das bedeutet, dass das Elternteil mit dem geringeren Einkommen - meistens die Frau - in Elternzeit geht und im Anschluss in Teilzeit arbeitet, da es auf Grund mangelnder Ganztagsbetreuung meist nicht möglich ist, dass beide Elternteile weiterhin in Vollzeit arbeiten.
DIW Berlin 2020 / Quelle: FDZ der statistischen Ämter des Bundes und der Länder, Verdienststrukturerhebung 2014 und Mikrozensus 2014-2016, eigene Berechnungen
Teilzeitarbeit geht jedoch nicht selten mit beruflichen Nachteilen einher, die sich zudem oft erst in der langen Frist abzeichnen. So sind die Stundenlöhne von teilzeitbeschäftigten Frauen im Schnitt um 17 Prozent niedriger als in Vollzeit. Abhängig vom Beruf werden lange Arbeitszeiten und eine hohe Präsenz oft mehr honoriert und daher höher entlohnt. Auch haben Teilzeitbeschäftigte geringere Aufstiegschancen und bekleiden seltener Führungspositionen, da Arbeitgeber_innen bei Beförderungen oftmals Personen mit lückenlosen Vollzeit-Karrieren bevorzugen. Somit steigen die Löhne von Teilzeitbeschäftigten über das Alter weniger stark an – und solange Teilzeit überwiegend weiblich ist, trägt dies entscheidend zu dem beobachteten Anstieg des Gender Pay Gaps über das Alter bei.
DIW/Florian Schuh
DIW/Florian Schuh