Armut im Alter ist weiblich – das ist traurig, erschreckend und ungerecht. Und der sichtbare Gipfel einer lebenslangen Benachteiligung von Frauen auf dem Arbeitsmarkt. Lass uns das nicht länger hinnehmen.
Was bedeutet der Gender Pension Gap?
Der Gender Pension Gap (deutsch: die Rentenlücke) ist – wie der Gender Pay Gap, Gender Time Gap und Gender Care Gap – eine geschlechtsspezifische Ungerechtigkeit und eng mit jenen verknüpft. Er zeigt das unterschiedliche durchschnittliche Rentenniveau von Frauen und Männern auf. In Deutschland handelt es sich dabei um nicht weniger als 49 Prozent. Das ist unfassbar. Frauen erhalten im Schnitt weniger als die Hälfte der Alterssicherung, die Männer beziehen.
Wie wird der Gender Pension Gap berechnet?
Es geht ausschließlich um „eigene Alterssicherungsleistungen“. Dazu gehören:
- gesetzliche Rente
- Betriebsrente
- Beamtenversorgung
- Berufsständische Versorgung
- Leibrente
Nicht berücksichtigt sind Witwen*Witwerrenten, denn das sind Renten der verstorbenen Person und keine eigenen. Zudem werden bei der Berechnung des Gender Pension Gaps nur Einzelpersonen betrachtet und nicht der gesamt Haushalt. So können beispielsweise auch verheiratete Frauen durch die Rente des*der Partner*in deutlich mehr Geld zur Verfügung haben. Was die Rentenlücke aber in jedem Fall mehr als deutlich macht: Die überwiegende Mehrheit der Frauen ist im Rentenalter wirtschaftlich abhängig.
Woher kommt die Rentenlücke?
Die Höhe der gesetzlichen Rente ist eng an das eigene Erwerbsleben geknüpft. Wurde die Erwerbstätigkeit längerfristig unterbrochen, z. B. für die Pflege von Kindern oder Angehörigen, wirkt sich das auf die Rente aus. Auch Teilzeitarbeit, geringfügige Beschäftigungen und Verdienste im Niedriglohnbereich verringern die Chancen auf eine existenzsichernde Altersversorgung. Alles Dinge, die gerade in frauendominierten Berufen und Branchen weit verbreitet sind. Und nicht zuletzt sorgen auch traditionelle Rollenmodelle in heterosexuellen Partnerschaften für Abhängigkeiten und Armutsrisiken im Alter.
Was tun? – Persönlich vorsorgen...
Tu was du kannst, um dein Erwerbsleben so zu gestalten, dass dein persönliches Risiko, im Alter zu verarmen, so gering wie möglich ist. Zum Beispiel:
- Vermeide lange Erwerbspausen oder längere Phasen geringfügiger Beschäftigung: Je seltener du deine Erwerbstätigkeit unterbrichst und je länger du – mit möglichst vielen Wochenstunden – in einem sozialversicherungspflichtigen Job arbeitest, desto besser für deine Rente.
- Übe Teilzeitbeschäftigungen nur kurzzeitig aus: Teilzeitarbeit ist nicht per se schlecht für deine Rente , kann aber deine wirtschaftliche Unabhängigkeit gefährden. Denn auch hier gilt: Je geringer dein Einkommen, desto weniger Rentenbeiträge, desto kleiner die Rente. Daher: Prüfe immer, wie viel Stunden möglich sind. Und hol dir Unterstützung, wenn du aufstocken willst, aber daran gehindert wirst. Hier ist dein Betriebsrat der richtige Ansprechpartner. Oder deine Gewerkschaft.
... und gemeinsam verändern!
Aber die Rentenlücke ist eben nicht nur dein persönliches Problem, sondern ein Ergebnis unfairer Voraussetzungen und Rahmenbedingungen, das die gesamte Gesellschaft betrifft. Wenn wir es nachhaltig lösen wollen, dann geht das nur gemeinsam und solidarisch.
- Versuche, deine Partnerschaften und sozialen Beziehungen gleichberechtigt zu führen: Umgib dich mit Menschen, die dich unterstützen und mit dir auf Augenhöhe zusammenleben wollen. Dafür, wie eine partnerschaftliche Arbeitsteilung in Familie und Haushalt gelingen kann, gibt es Tipps in unserem Feminar "Sharing is caring! So geht faire Arbeitsteilung privat & im Job".
- Engagier dich dafür, dass die Benachteiligung von Frauen im Erwerbsleben ein Ende hat. Setz dich als Gewerkschaftsmitglied für gleiche Rechte, faire Bezahlung und gerechte Chancen ein: Gewerkschaften machen sich stark für höhere Mindestlöhne und gute Tarifverträge mit regelmäßigen Entgelterhöhungen und sicheren Vorsorgeleistungen. Außerdem bist du als Mitglied direkt rechtsschutzversichert bei allen Fragen zum um das Arbeits- und Sozialrecht. Du weißt nicht, welche Gewerkschaft für dich die Richtige ist? Dann schau in der Liste der Gewerkschaften nach, welche es überhaupt gibt und welche zu dir passt.
Weitere Informationen:
- Bundesministerium für Arbeit uns Soziales (2020): Alterssicherungsbericht 2020
- Klenner, Christina; Sopp, Peter; Wagner, Alexandra (2016): Große Rentenlücke zwischen Frauen und Männern. Ergebnisse aus dem WSI GenderDatenPortal. WSI Report Nr. 29.
- Bäcker, Gerhard; Kistler, Ernst; Rehfeld, Uwe G. (2014): Reformbedarf: Ausbau der eigenständigen Renten von Frauen. Die Überwindung des höheren Risikos der Altersarmut bei Frauen setzt voraus, dass Frauen eigenständige Alterssicherungsansprüche erwerben. Hg. v. Bundeszentrale für politische Bildung.
- Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (2011): Biografiemuster und Alterseinkommensperspektiven von Frauen.
- Wie viel Rente wirst du bekommen? Der Online-Rechner bei der Deutschen Rentenversicherung.
- Flory, Judith (2011): Gender Pension Gap. Entwicklung eines Indikators für faire Einkommensperspektiven von Frauen und Männern. Hg. v. Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend. 1. Auflage.
- Flory, Judith; Hänisch, Carsten; Klos, Jonas (2013): Die Wirkung unterschiedlicher Biografiemerkmale auf den Gender Pension Gap. Eine Untersuchung des Fraunhofer-Instituts für Angewandte Informationstechnik (FIT) im Auftrag des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend.